Zettelwirtschaft

Die Zettelkönigin

Ich liebe Post-Its – diese kleinen gelben Dinger, auf die man schnell einmal einen Gedanken notieren und dann sichtbar platzieren kann. In meinem Alltag als Führungskraft nutzte ich sie fast täglich. Und einmal in der Woche, nämlich am Freitag, wurde ich von meinem Team zur Zettelkönigin ernannt. Denn Freitag war Meetingtag.

Wie bitte? Wieso Zettelkönigin? Und warum erfolgte „die Krönung“ gerade am Freitag, dem Meetingtag? Das ist eine lustige Geschichte…

Ich bin ein eher pragmatischer Mensch. Und ich achte auf Effizienz – nicht, weil ich diese Kennzahl täglich der Geschäftsleitung melden musste – sondern weil ich Energie sparen möchte – meine eigene und die der Menschen, mit denen ich zusammenarbeite.

So achtete ich auch darauf, dass unser wöchentliches Teammeeting möglichst effizient ablief – von der Vorbereitung über die Durchführung bis hin zur Nachbearbeitung. Alle wussten, dass das Teammeeting grundsätzlich aus drei Teilen – Infoteil, Fachliche Besprechungsrunde, Sammelbecken – bestand, denn darauf hatten wir uns vor langer Zeit geeinigt. Es gab einen Protokollanten und den „Hüter der Zeit“. Das war´s.

Während der Woche machte ich mir immer wieder Post-It-Notizen mit Infos, Neuigkeiten, Gedanken, die für das Team wichtig waren. Dann kam der Freitag, und es wurde Zeit für das große Teammeeting. Zur angesetzten Zeit folgte ich meinem Team in den Konferenzraum, aber nicht ohne meine Post-Its. Nach der Begrüßung und Eröffnung des Meetings war meine Zeit gekommen, denn im Infoteil konnte ich meine heiß geliebten Post-Its im wahrsten Sinne des Wortes platzieren. Ich erzählte meinen Mitarbeitenden von den Neuigkeiten, Gedanken und Ideen, die ich mir so im Laufe der Woche notiert hatte. Immer, wenn ich ein Post It „abgearbeitet“ hatte, klebte ich es vor mir auf den großen Konferenztisch. Und so kam es vor, dass der Tisch am Ende eines Meetings schön bunt aussah. Der Mitarbeiter, der die Protokollführung übernommen hatte, freute sich, denn er musste sich am Ende des Meetings nur die gelben Zettelchen schnappen und zusammen mit seinen eigenen Notizen in ein Protokollformat bringen.

Und dann kam er – der Tag an dem ich erfuhr, dass mich das Team schon längst zur „Zettelkönigin“ gekürt hatte.

Eine anstrengende und mehr als gut gefüllte Woche lag hinter uns. Alle freuten sich auf das nahende Wochenende. Nun noch Teammeeting, dann Wochenabschluss und ab in den Feierabend. Weil die Woche so intensiv war, hatte ich auch außergewöhnlich viele Zettel. Es waren dieses Mal so viele, dass ich selbst fast den Überblick verlor. Als ich die gelbe Zettelflut vor mir auf dem Konferenztisch sah, wurde mir ganz schwindelig, und ich war mir plötzlich nicht mehr sicher: „Habe ich das jetzt bereits erzählt oder nicht oder doch…“ Noch während ich überlegte hörte ich mich sagen:

„Stopp, ich muss jetzt erst einmal meine Zettel sortieren.“ und begann die Zettel in 3 Spalten auf dem Tisch aufzukleben. Als ich kurz aufblickte, sah ich in die sichtlich amüsierten Gesichter meiner Mitarbeitenden.

„Ja ich weiß, ich sollte mir diese Zettelei mal abgewöhnen.“

Da konnte sie sich nicht mehr halten, schallendes Lachen brach aus ihnen heraus und stecke mich an.

Am Ende des Meetings – alle Mitarbeitenden hatten den Raum bereits verlassen und ich wollte mich auch gerade auf den Weg machen – kam einer meiner Teammitglieder zurück, schloss hinter sich die Tür und sagte zu mir:

„Ich bitte Sie, behalten Sie die Zettel bei. Das ist für uns ein Highlight. Alle freue sich die ganze Woche drauf. Wir haben Sie längst zur Zettelkönigin gekürt. Und,…“ er machte eine kurze Pause „es macht Sie so menschlich.“